Gefahrstoffe


Der Begriff Gefahrstoffe umfaßt sämtliche Stoffe (Ausgangsstoffe, Erzeugnisse, Zwischen- oder Nebenprodukte, Hilfsstoffe, im Betrieb verwendete Baustoffe usw.), die geeignet sind, die Gesundheit der Beschäftigten zu beeinträchtigen, sei es in "Katastrophenform" (Brand, Explosion, akute Vergiftung) oder sei es in "schleichender" Form (chronische Vergiftung, Krebsentstehung, Erbgutveränderungen).

Dabei ist es unerheblich, ob entsprechende Stoffe planvoll zum Einsatz kommen, oder ob sie ungewollt und unplanmäßig erst im Arbeitsprozeß selbst entstehen. Ein Beispiel für letzteres wäre das als Kampfstoff im Ersten Weltkrieg eingesetzte Phosgen, das sich beim Schweißen mit Lösungsmitteln behandelter Stähle im Einfluß des Lichtbogens bilden kann.

In der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) sind folgende Arten von Gefahrstoffen genannt. Stoffe gelten als:

explosionsgefahrlich, wenn sie in festem, flüssigem, pastenförmigem oder gelatinösem Zustand auch ohne Beteiligung von Luftsauerstoff exotherm und unter schneller Entwicklung von Gasen reagieren können und unter festgelegten Prüfbedingungen detonieren, schnell deflagrieren oder beim Erhitzen unter teilweisem Einschluß explodieren,
explosionsfähig, wenn sie auch ohne Luft durch Zündquellen wie äußere thermische Einwirkungen, mechanische Beanspruchungen oder Detonationsstöße zu einer chemischen Umsetzung gebracht werden können, bei der hochgespannte Gase in so kurzer Zeit entstehen, daß ein sprunghafter Temperatur- und Druckanstieg hervorgerufen wird, oder im Gemisch mit Luft, wenn nach Wirksamwerden einer Zündquelle eine selbsttätig sich fortpflanzende Flammenausbreitung stattfindet, die im allgemeinen mit einem sprunghaften Temperatur- und Druckanstieg verbunden ist,
brandfördernd, wenn sie in der Regel selbst nicht brennbar sind, aber bei Berührung mit brennbaren Stoffen oder Zubereitungen, überwiegend durch Sauerstoffabgabe, die Brandgefahr und die Heftigkeit eines Brandes beträchtlich erhöhen,
hochentzündlich, wenn sie
a) in flüssigem Zustand einen extrem niedrigen Flammpunkt und einen niedrigen Siedepunkt haben,
b) als Gase bei gewöhnlicher Temperatur und Normaldruck in Mischung mit Luft einen Explosionsbereich haben,
leichtentzündlich, wenn sie
a) sich bei gewöhnlicher Temperatur an der Luft ohne Energiezufuhr erhitzen und schließlich entzünden können,
b) in festem Zustand durch kurzzeitige Einwirkung einer Zündquelle leicht entzündet werden können und nach deren Entfernen in gefährlicher Weise weiterbrennen oder weiterglimmen,
c) in flüssigem Zustand einen sehr niedrigen FIammpunkt haben,
d) bei Berührung mit Wasser oder mit feuchter Luft hochentzündliche Gase in gefährlicher Menge entwickeln,
entzündlich, wenn sie in flüssigem Zustand einen niedrigen Flammpunkt haben,
sehr giftig, wenn sie in sehr geringer Menge bei Einatmen, Verschlucken oder Aufnahme über die Haut zum Tode führen oder akute oder chronische Gesundheitsschäden verursachen können,
giftig, wenn sie in geringer Menge bei Einatmen, Verschlucken oder Aufnahme über die Haut zum Tode führen oder akute oder chronische Gesundheitsschäden verursachen können,
gesundheitsschädlich, wenn sie bei Einatmen, Verschlucken oder Aufnahme über die Haut zum Tode führen oder akute oder chronische Gesundheitsschäden verursachen können,
ätzend, wenn sie lebende Gewebe bei Berührung zerstören können,
reizend, wenn sie - ohne ätzend zu sein - bei kurzzeitigem, länger andauerndem oder wiederholtem Kontakt mit Haut oder Schleimhaut eine Entzündung hervorrufen können,
sensibilisierend, wenn sie bei Einatmen oder Aufnahme über die Haut Überempfindlichkeitsreaktionen hervorrufen können, so daß bei künftiger Exposition gegenüber dem Stoff oder der Zubereitung charakteristische Störungen auftreten,
krebserzeugend, wenn sie bei Einatmen, Verschlucken oder Aufnahme über die Haut Krebs erregen oder die Krebshäufigkeit erhöhen können,
fortpflanzungsgefährdend (reproduktionstoxisch), wenn sie bei Einatmen, Verschlucken oder Aufnahme über die Haut nichtvererbbare Schäden der Nachkommenschaft hervorrufen oder deren Häufigkeit erhöhen (fruchtschädigend) oder eine Beeinträchtigung der männlichen oder weiblichen Fortpflanzungsfunktionen oder -fähigkeit zur Folge haben können,
erbgutverändernd, wenn sie bei Einatmen, Verschlucken oder Aufnahme über die Haut vererbbare genetische Schäden zur Folge haben oder deren Häufigkeit erhöhen können,
umweltgefährlich, wenn sie selbst oder ihre Umwandlungsprodukte geeignet sind, die Beschaffenheit des Naturhaushalts, von Wasser, Boden oder Luft, Klima, Tieren, Pflanzen oder Mikroorganismen derart zu verändern, daß dadurch sofort oder später Gefahren für die Umwelt herbeigeführt werden können,
auf sonstige Weise chronisch schädigend, wenn sie bei wiederholter oder länger andauernder Exposition einen in den Nummern 12 bis 14 nicht genannten Gesundheitsschaden verursachen können.

Gefahrstoffe im Betrieb


Im 5. Abschnitt der Gefahrstoffverordnung wird geregelt, in welcher Weise mit Gefahrstoffen im Betrieb umzugehen ist. Speziell mit § 19 GefStoffV wird eine Rangfolge von Schutzmaßnahmen vorgegeben, gemäß der die Vermeidung der Emmission von Gefahrstoffen als prioritär gegenüber sekundären und tertiären Maßnahmen wie Lüftung oder personenbezogenen Schutzmaßnahmen anzugehen ist.

Im folgenden ist der Wortlaut dieses Paragraphen 19 der Gefahrstoffverordnung wiedergegeben:


§ 19 GefStoffV
(1) Das Arbeitsverfahren ist so zu gestalten, daß gefährliche Gase, Dämpfe oder Schwebstoffe nicht frei werden, soweit dies nach dem Stand der Technik möglich ist. Das Arbeitsverfahren ist ferner so zu gestalten, daß die Arbeitnehmer mit gefährlichen festen oder flüssigen Stoffen oder Zubereitungen nicht in Hautkontakt kommen, soweit dies nach dem Stand der Technik möglich ist.
(2) Kann durch Maßnahmen nach Absatz 1 nicht unterbunden werden, daß gefährliche Gase, Dämpfe oder Schwebstoffe frei werden, sind diese an ihrer Austritts- oder Entstehungsstelle vollständig zu erfassen und anschließend ohne Gefahr für Mensch und Umwelt zu entsorgen, soweit dies nach dem Stand der Technik möglich ist.
(3) Ist eine vollständige Erfassung nach Absatz 2 nicht möglich, so sind die dem Stand der Technik entsprechenden Lüftungsmaßnahmen zu treffen.
(4) Ist die Sicherheitstechnik eines Arbeitsverfahrens fortentwickelt worden, hat sich diese bewährt und erhöht sich die Arbeitssicherheit hierdurch erheblich, so hat der Arbeitgeber das nicht entsprechende Arbeitsverfahren soweit zumutbar innerhalb einer angemessenen Frist dieser Fortentwicklung anzupassen.
(5) Werden nach Durchführung der Maßnahmen nach den Absätzen 1 bis 3 die Maximale Arbeitsplatzkonzentration oder der Biologische Arbeitsplatztoleranzwert nicht unterschritten, hat der Arbeitgeber
1. wirksame und hinsichtlich ihrer Trageeigenschaften geeignete persönliche Schutzausrüstungen zur Verfügung zu stellen und diese in gebrauchsfähigem, hygienisch einwandfreiem Zustand zu halten und
2. dafür zu sorgen, daß die Arbeitnehmer nur so lange beschäftigt werden, wie es das Arbeitsverfahren unbedingt erfordert und es mit dem Gesundheitsschutz vereinbar ist.
Satz 1 gilt auch, wenn mit allergischen Reaktionen zu rechnen ist. Die Arbeitnehmer müssen die zur Verfügung gestellten persönlichen Schutzausrüstungen benutzen. Das Tragen von Atemschutz und von Vollschutzanzügen darf keine ständige Maßnahme sein.
(6) Die Absätze 1 bis 3 und 5 gelten nicht für Verfahren, bei denen bestimmungsgemäß Gefahrstoffe freigesetzt werden und Lüftungsmaßnahmen dem Verwendungszweck entgegenstehen. Die Überwachungspflicht nach § 18 Abs. 1 entfällt in diesen Fällen. Werden in diesen Fällen die Maximale Arbeitsplatzkonzentration oder der Biologische Arbeitsplatztoleranzwert nicht unterschritten, sind Maßnahmen nach Absatz 5 zu treffen.

Weiterhin regelt die Gefahrstoffverordnung, daß Gefahren und entsprechende Schutzmaßnahmen in Form von Betriebsanweisungen betriebsöffentlich zu machen sind und daß die Beschäftigten an Hand dieser Betriebsanweisungen in regelmäßigen Abständen zu unterweisen sind.

Gefahrensymbole


Gemäß § 6 Gefahrstoffverordnung unterliegen Gefahrstoffe einer Kennzeichnungspflicht, die neben Angaben über die chemische Stoffbezeichnung und den Hersteller (Name, Anschrift) eine Kennzeichnung durch "Gefahrensymbole", "R-Sätze" und "S-Sätze" vorschreibt.

Gefahrensymbole und dazugehörige Gefahrenbezeichnungen sind in Anhang I, Nr. 2 der Gefahrstoffverordnung festgelegt. Nebenstehendes Beispiel zeigt den Totenschädel als Gefahrensymbol für giftige Stoffe mit der Gefahrenbezeichnung "T+ Sehr Giftig".
T+
Sehr Giftig
Im Internet finden Sie Zusammenstellungen der Gefahrensymbole und Gefahrenbezeichnungen u. a. auf folgenden Servern:
Umwelt-Online
Fachbereich Chemie der FU-Berlin: Hier finden Sie neben den Gefahrensymbolen und -bezeichnungen im engeren Sinn noch Angaben zur Wirkungsweise und Stoffbeispiele.
Universität Bayreuth: Hier finden Sie je Gefahrensymbol mehrere Stoffbeispiele
Die Homepage für Chemiker: Hier stehen die Gefahrensymbole auch zum Download als .gif- oder .wmf-Dateien bereit
R-Sätze sind "Hinweise auf besondere Gefahren" gemäß Gefahrstoffverordnung Anhang I, Nr. 4. Sie werden mit Ziffern abgekürzt, die miteinander kombiniert werden können. Die Angabe "R-Satz: 39/24/25" bedeutet dann beispielsweise "Ernste Gefahr irreversiblen Schadens bei Berührung mit der Haut und durch Verschlucken", wobei die Ziffer 24 für Hautberührung und die Ziffer 25 für Verschlucken steht.

Im Internet finden Sie Zusammenstellungen der R-Sätze u. a. auf folgenden Servern:

Universität Würzburg: Hier finden Sie die R-Sätze in vielerlei denkbaren Kombinationen aufsteigend sortiert.
Universität Duisburg: Hier finden Sie die R-Sätze in vielerlei denkbaren Kombinationen aufsteigend sortiert.
Universität Bayreuth: Hier finden Sie die R-Sätze zunächst "pur" und dann in vielerlei denkbaren Kombinationen
Universität Konstanz: s. o.
TU Clausthal: s. o.
S-Sätze sind "Sicherheitsratschläge" gemäß Gefahrstoffverordnung Anhang I, Nr. 4. Sie geben u. a. Hinweise auf eine sicherheitsgerechte Aufbewahrung von Stoffen. Die Angabe "S-Satz: 3/9/14S" bedeutet beispielsweise: "an einem kühlen, gut gelüfteten Ort, entfernt von Säuren aufbewahren", wobei die Ziffer 3 für kühle Aufbewahrung, die Ziffer 9 für gut belüftete Aufbewahrung, die Ziffer 14 für eine räumliche Trennung von anderen Substanzen und der Buchstabe S für Säuren stehen.

Im Internet finden Sie Zusammenstellungen der S-Sätze u. a. auf folgenden Servern:

Universität Würzburg: Hier finden Sie die S-Sätze in vielerlei denkbaren Kombinationen aufsteigend sortiert.
Universität Duisburg: Hier finden Sie die S-Sätze in vielerlei denkbaren Kombinationen aufsteigend sortiert.
Universität Bayreuth: Hier finden Sie die S-Sätze zunächst "pur" und dann in vielerlei denkbaren Kombinationen
Universität Konstanz: s. o.
TU Clausthal: s. o.

Gefahrstoff-
datenbanken


Das Berufsgenossenschaftliche Institut für Arbeitsschutz – BGIA ist das zentrale Prüf- und Forschungsinstitut der gewerblichen Berufsgenossenschaften und befasst sich u. a. intensiv mit dem gesamten Gefahrstoffbereich. So wurde z. B. die Gefahrstoffdatenbank GESTIS, die Gefahrstoffinformationen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit und in der Umwelt bietet entwickelt und bietet Informationen zu fast 8.000 Stoffen.

Die Internetadresse lautet www.hvbg.de/bgia/stoffdatenbank 

Im Internet finden sich frei zugängliche Chemikalien- und Gefahrstoffdatenbanken. Man kann dort in der Regel nach unterschiedlichen Suchkategorien recherchieren (z.B. nach Stoffnamen, nach Synonymen nach der chemischen Formel oder nach CAS-Nummern). Im Ergebnis erhält man die chemischen und physikalischen Eigenschaften des gesuchten Stoffes sowie gegebenenfalls Gefahrensymbole, R-Sätze und S-Sätze.
Chemikalien: Sicherheitsdaten (deutschsprachig, FU-Berlin)
Chem Finder (englischsprachig)

Betriebs-
anweisungen


Mit § 20 der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) wird der Arbeitgeber verpflichtet, arbeitsbereichs- und stoffbezogene Betriebsanweisungen zu erstellen. Mit solchen Betriebsanweisungen soll auf die mit dem Umgang mit Gefahrstoffen verbundenen Risiken für Mensch und Umwelt hingewiesen werden.

Im einzelnen sollen die Betriebsanweisungen Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln festlegen, Hinweise auf eine sachgerechte Entsorgung geben sowie das Verhalten im Gefahrfall und Maßnahmen der Ersten Hilfe regeln. Die Betriebsanweisungen sollen in verständlicher Form und in der Sprache der Beschäftigten abgefasst und an geeigneter Stelle im Betrieb veröffentlicht werden.

Arbeitnehmer, die mit Gefahrstoffen zu tun haben, sind anhand dieser Betriebsanweisungen zu Beginn der Beschäftigung und fortlaufend mindestens einmal jährlich über auftretende Gefahren und Schutzmaßnahmen zu unterweisen.

Im Internet finden sich frei zugängliche Zusammenstellungen stoffbezogener Betriebsanweisungen, alphabetisch sortiert nach Stoffbezeichnungen, auf folgenden Servern:

Institut für Organische Chemie der Julius - Maximilians - Universität Würzburg
(Hier besteht die Möglichkeit, sämtliche Betriebsanweisungen im html-Format als selbstentpackendes .exe-File auf den eigenen Rechner zu laden).

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